Unlängst: Ein Ort der Ruhe

Vor über sieben Jahren startete das Projekt "Lern mit mir" in der Schiller-Bibliothek im Wedding. Die GESOBAU ist neuer Sponsor des Angebots, das – wie Lerncoach Susann Hochgräf im Interview mit "Hallo Nachbar" erklärt – für die Kids aus dem Kiez zu einer Anlaufstelle für Bildungsfragen aller Art geworden ist.

Hallo Nachbar: Was genau ist "Lern mit mir"?

Susann Hochgräf: Ein Lerncoaching für Schüler aller Altersstufen. Auch Auszubildende sind willkommen. "Lern mit mir" findet an drei Nachmittagen pro Woche statt. Unser Fokus liegt insbesondere auf der Sprach- und Leseförderung. Wir unterstützen die Schüler aber auch in allen anderen Fächern, betreuen sie bei den Hausaufgaben, helfen ihnen, ein Praktikum zu finden oder sich auf Prüfungen vorzubereiten. Außerdem bringen wir ihnen bei, wie sie das Medienangebot der Bibliothek nutzen und welche Lernmaterialien ihnen zur Verfügung stehen.

Warum kommen die Schüler zu Ihnen?

Oft, weil sie unzufrieden mit ihren Leistungen sind und sehr frustriert, dass sie sich alleine nicht verbessern. Das liegt in den meisten Fällen daran, dass ihnen die Techniken fehlen, sich Dinge selbst zu erarbeiten.

Lernen sie das bei Ihnen?

Ja. Ein Ziel des Projekts ist es, den Teilnehmern Strategien für das selbstständige Arbeiten zu vermitteln. Wir machen beispielsweise Übungen, wie sie ihr Lernen strukturieren können. Ich glaube, die Schüler wissen die Aufforderung zur Eigenständigkeit zu schätzen – vor allen Dingen, wenn ihnen etwas gelingt. Aus eigener Kraft Erfolge zu erzielen, ist ein tolles Erlebnis.

Wie läuft ein typischer Nachmittag ab?

Wir treffen uns im Gruppenraum der Bibliothek. Dort gibt es einen großen Tisch, an dem die Schüler arbeiten können. Die meisten machen dann ihre Hausaufgaben. Manche Schüler recherchieren aber auch für Referate im Internet oder im Buchbestand, andere möchten ihre MSA-Themen oder Praktikumsbewerbungen mit uns durchsprechen. Wenn jemand alleine nicht weiterkommt, geben wir Anleitung.

Welche Bedürfnisse haben die Kids, die zu Ihnen kommen?

Sie suchen einen Ort der Ruhe, an dem sie lernen können – und einen Ort, an dem sie ihre Nachmittage verbringen können. Viele der Kids bleiben auch, nachdem sie ihre Arbeit erledigt haben und nutzen die Angebote der Bibliothek. "Lern mit mir" ist eine schöne Konstante für sie und ein sicherer Treffpunkt.

Wie motivieren Sie die Kinder?

Dadurch, dass wir keinen Druck ausüben. Wenn ein Kind nicht arbeiten möchte, dann sage ich: Das ist deine Entscheidung. Wenn du nicht willst, kannst du auch gerne rausgehen und spielen. "Lern mit mir" funktioniert über die Eigenmotivation. Auch die gegenseitige Stimulation spielt eine wichtige Rolle. Die Kinder schließen hier Freundschaften und motivieren einander zum Lernen. Das funktioniert aus meiner Erfahrung viel besser, als von außen – sei es von den Eltern oder von den Lehrern – Leistungsdruck auszuüben.

Was wünschen Sie sich für die Zukunft von "Lern mit mir"?

Viele unserer Kinder sind gestresst und setzen sich sehr unter Druck. Dadurch sind sie gehemmt im Aufnehmen neuer Informationen. Das wollen wir aufheben. Ich wünsche mir, dass wir auch in Zukunft dafür sorgen können, dass sich alle miteinander wohlfühlen. Das ist die beste Ausgangslage, um Probleme anzugehen.

Das Lerncoaching für Schüler findet immer montags und donnerstags von 15 bis 18 Uhr und freitags von 15 bis 17 Uhr statt.


Unlängst erschienen in der Hallo Nachbar

Unlängst: Ran an die Pipetten

Das Freiwillige Wissenschaftliche Jahr an der Medizinischen Hochschule Hannover ist mehr als nur ein Schnupperkurs. Es gibt Abiturienten die Chance, Forschung hautnah zu erleben – und selbst Hand anzulegen.

Ein sachtes „Klick klick klick“ ist in dem fensterlosen Labor zu hören. Im langen, weißen Kittel steht Jago Mävers an seinem Arbeitstisch, in seiner Hand hält er eine Pipette. Über ihren Dosierknopf stellt er, wie bei einem Zahlenschloss, die benötigte Mikrolitermenge Flüssigkeit ein. „Klick klick klick“ und die Skala zeigt die richtigen Ziffern. Mävers zieht die Probe auf, füllt sie in ein Eppi und stellt sie auf Eis. Dann geht es mit der nächsten Probe weiter.

Beim Pipettieren macht dem 18-Jährigen so schnell keiner mehr etwas vor. Diese Technik konnte er in den ersten Monaten seines Freiwilligen Wissenschaftlichen Jahres (FWJ) an der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH) perfektionieren. „Ich hatte viel Übung. Für die Versuchsreihe, an der ich zurzeit mitarbeite, wird jede Probe doppelt analysiert. Ich muss deshalb genau darauf achten, dass ich beide Male dieselbe Menge nehme, dass ich die Pipette richtig benetze und dass am Ende auch alles rausgeht“, beschreibt er die Tücken seiner Aufgabe.

Wenn Abiturienten Stammzellen erforschen...

Techniken des wissenschaftlichen Arbeitens kennenzulernen, ist ein Ziel des FWJ. „Die praktische wissenschaftliche Tätigkeit soll außerdem die Berufsorientierung erleichtern, neue Perspektiven eröffnen und für ein passendes Studium begeistern“, ergänzt Nadine Dunker, Leiterin des Büros für die Freiwilligen Dienste an der MHH.

Schulabgänger haben seit 2011 die Möglichkeit, sich an der MHH oder einem ihrer Partnerinstitute im wissenschaftlichen Bereich auszuprobieren. Im aktuellen Jahrgang nutzen 82 Abiturienten diese Chance. Die Teilnehmer können in einem Wissenschaftsgebiet ihrer Wahl, von Biomedizin über Chemie und Physik bis hin zu Ingenieurswissenschaften, ein Forschungsprojekt begleiten und beispielsweise Stammzellen, Gentherapien oder Impfstoffe erforschen.

...oder Daten zum Plattenepithelkarzinom sammeln

Jago Mävers arbeitet in der Forschungsabteilung der Klinik für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie im Team von Dr. Andreas Kampmann mit. Dort werden zum einen Tissue-Engineering-Produkte für den Knochenersatz entwickelt, der zweite Schwerpunkt ist die Tumorforschung, speziell im Bereich des Plattenepithelkarzinoms. Hier wird der 18-Jährige zurzeit eingesetzt.

„Wir ermitteln anhand von etablierten Tumorzelllinien, archiviertem Tumorgewebe und histologischen Präparaten, ob eine Verbindung zwischen einem bestimmten Phänotyp der Zellen und der Expression bestimmter Gene besteht“, führt der Molekularbiologe Kampmann aus. „Wenn sich ein Zusammenhang zwischen Phänotyp und Tumorwachstum herstellen lässt, kann das ein prognostischer Faktor sein und eine Aussage über den Krankheitsverlauf eines Patienten ermöglichen.“

Bloß nichts kaputt machen

Die Methode, die das Team dabei anwendet, ist die quantitative PCR, kurz für Polymerase Kettenreaktion. Die quantitative PCR erlaubt es, die Menge eines Genproduktes zu messen und zu überprüfen, ob dieses Gen im Tumor im Vergleich zum Normalgewebe mehr oder weniger aktiv ist.

Jago Mävers unterstützt seine Kollegen dabei, die nötige Datengrundlage mithilfe quantitativer PCR zu erheben. Die verschiedenen Arbeitsschritte – unter anderem das Pipettieren – hat er zusammen mit Andreas Kampmann Schritt für Schritt gelernt.

Was für ihn mittlerweile Routine ist, war am Anfang mit Aufregung verbunden. „Mir war sehr bewusst, dass viele Geräte im Labor hochkomplex sind – und auch sehr teuer. Den Umgang mit ihnen zu lernen, fand ich spannend. Gleichzeitig habe ich gehofft, dass ich nichts kaputt mache“, erinnert er sichund lacht.

Taugen Schulabgänger für die Forschung?

Andreas Kampmann war anfangs skeptisch, ob ein FWJler seine Abteilung bereichern könne, wollte es aber trotzdem ausprobieren. „Ich hatte zugegebenermaßen Bedenken, als wir vorletztes Jahr unsere ersten FWJler aufgenommen haben. Es ist ja nicht gerade wenig komplex, was wir hier machen. Natürlich kann man sich alles aneignen, aber man braucht schon ein gewisses Grund-Know-how. Und so frisch von der Schule, stellte sich durchaus die Frage, ob das klappen kann“, sagt der 47-Jährige.

Der erste Versuch lief dann aber so gut, dass Kampmann sich gerne wieder als Betreuer beteiligte. Nicht nur, weil es ihm Freude macht zu beobachten, wie sich die FWJler entwickeln. „Es ist auch so, dass die ganze Abteilung von ihrer Anwesenheit profitiert. Wenn man seine Arbeitsabläufe und Fragestellungen für jemanden von außen aufbereiten muss, durchdenkt und hinterfragt man sie noch einmal ganz neu“, erklärt er.

Man braucht ein dickes Fell

Für Kampmann ist das FWJ darüber hinaus Nachwuchsgewinnung auf sinnvolle Weise, denn die Abiturienten lernen, auf welche Eigenschaften es in der Forschung wirklich ankommt. Neben Sorgfalt und strukturiertem Denken sei vor allem eines entscheidend: „Man braucht ein dickes Fell. Weniger wegen der anderen Wissenschaftler, sondern vielmehr um mit dem eigenen Scheitern klarzukommen. Man hat nämlich selten beim ersten Versuch Erfolg“, so der MHH-Forscher.

Am Ende des FWJs soll Jago nach Andreas Kampmanns Willen das Projekt möglichst komplett bearbeitet und verstanden haben. „Dabei bekommt er natürlich andere Arbeitsaufträge als ein voll ausgebildeter Wissenschaftler oder eine Technische Angestellte mit einem entsprechenden molekularbiologischen Grundwissen. Ich bemühe mich aber, ihn nicht wesentlich anders zu behandeln. Das kann manchmal sehr fordernd sein, aber dann ist es auch kein Problem, wenn er mir das sagt. So findet man nach und nach heraus, auf welchem Niveau man die Arbeitsaufträge ansiedeln kann“, so der Betreuer. Bisher funktioniere das sehr gut, er sei überaus zufrieden mit Jago.

Auch der FWJler fühlt sich auf einem guten Weg: „Ich lerne jeden Tag soviel. Aber natürlich mache ich auch jetzt Dinge noch oft, weil ich sie machen soll. Die Zusammenhänge muss ich mir noch erschließen. Dabei hilft mir Andreas und ich recherchiere selbst.“

Lernen, täglich arbeiten zu gehen

Im kommenden Herbst, ist sich der 18-Jährige sicher, wird sich sein Wissen vervielfacht haben – nicht nur was die Forschung betrifft. „Ich lerne, was es bedeutet, täglich arbeiten zu gehen und mich in einem Team mit Chef und Kollegen zurechtzufinden“, erklärt er.

Auch bei der Berufsorientierung hat ihm das FWJ bereits geholfen und ihm klar gemacht, dass ein naturwissenschaftliches Studium das Richtige für ihn ist. Ein Forscher werde allerdings nicht aus ihm, räumt Jago Mävers ein. „Ich will Arzt werden. Am liebsten Chirurg, entweder im humanmedizinischen Bereich oder in der MKG-Chirurgie. Wäre ich nur im Labor, würde mir der Kontakt zu Menschen fehlen und das Gefühl, jemandem unmittelbar zu helfen“, erklärt er. „Das wissenschaftliche Denken und Arbeiten, das ich im FWJ trainiert habe, wird mir im Studium aber sicherlich weiterhelfen.“


Unlängst erschienen auf zm-online.de

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Gespräche über den Tod

Das Projekt „30 junge Menschen“ hat Sterbende mit Jugendlichen und jungen Erwachsenen im Alter von 16 bis 24 Jahren zusammengebracht, um über den Tod zu sprechen. Ich habe für www.zm-online.de zwei Teilnehmer getroffen und berichte über ihre Erfahrungen in zwei Fotofilmen. Der erste über die Studentin Kea Güldenstern ist seit heute online. Hier der Link:

www.zm-online.de/video/30-junge-Menschen_92700.html

Wer mehr über das Projekt erfahren möchte, findet hier Infos:

www.30jungemenschen.de

Mieter kochen für Mieter

Mein zweiter Fotofilm zum Thema kochen ist fertig. Nach dem Porträt über den Hobbykoch Moritz Guth war ich nun unterwegs beim Verein "Morus 14", der jede Woche einen Mittagstisch im Rollberg-Kiez in Berlin-Neukölln anbietet. Motto (und Name) der Veranstaltung: "Mieter kochen für Mieter". Die Köche wechseln wöchentlich, es sind Freiwillige vom Vereinsmitglied über den Kabarettisten bis hin zum Hartz-IV-Empfänger. 

Der Fotofilm in einer weniger komprimierten Version auf Vimeo: https://vimeo.com/53977977

Mieter kochen für Mieter, jeden Mittwoch zwischen 12 und 14 Uhr im Gemeinschaftshaus in der Morusstraße 14. Infos: www.morus14.de